Aktuelles: Trainingslager Gran Canaria (10.12.1999 - 16.1.2000)

 

1. Woche:
Winter in Deutschland ade, ewiger Frühling juchee! Das Wetter empfing uns auf GC mit strahlendem Sonnenschein und warmen Temperaturen. Nach einem etwas komplizierten Transfer auf die Gegenseite der Insel mittels öffentlichen Bussen und Taxi mit unseren in Großkartons verpackten Rädern konnten wir endlich unser Appartement auf der Landzunge Faro Sardina bei Galdar in Beschlag nehmen.

Und was für eine tolle Lage hatten wir da! Absolut einsam am Meer gelegen, viel Platz, mit toller Terrasse Richtung Meer, kein Auto, kein Mensch, schon gar kein Tourist ...... ideal zum Ausspannen. Allerdings mieteten wir uns schon bald einen Kleinwagen, denn zum Einkaufen und zum Essen gehen war es zu Fuß schon etwas weit.

Die ersten fünf Tage waren dann hochsommerlich, schnell waren wir im Zebralook schwarz gebrannt, ein Traumwetter! 

Und das Experiment, voll aus einem Krafttrainingsblock heraus mit vergleichsweise "schlechter" Ausdauerform hier in diesem schweren, bergigen Gelände zu bestehen, ging voll auf. Nach einigen Tagen und häufigem Einsatz auch von 42:23 fing es an zu rollen und es wurde immer besser. Anfängliche Knieschmerzen aufgrund der Umstellungsprobleme besserten sich mit der entsprechenden naturheilkundlichen Behandlung zusehends.

 

2. Woche:
Inzwischen war es wolkiger geworden, immer noch um die 18°, in den Bergen fiel auch schon einmal der eine oder andere Regen, aber die Küstenregionen bieten auch so genügend bergiges und schweres Gelände.

Es gibt derart wenig flache Abschnitte, daß man sich gut vorstellen kann, wie das Stundenmittel absinkt, denn auf den Abfahrten holt man nicht so viel heraus.

Aufgrund des Wetters war ich etwas im Plan hinterher, ich opferte im weiteren Verlauf einen Ruhetag. Auf jeden Fall verlief die erste Phase von dreien, ein G1/G2-Block, aufgeteilt in drei Dreierblöcke, sehr zufrieden stellend, ich kam wirklich gut ins Rollen.

 

3. Woche:
Inzwischen lag ich schon vor meinem Plan und hatte die zweite Phase begonnen, recht intensives KmR-Training an langen Bergen, eine sehr anstrengende Kraftausdauertrainingsform. 

Ein paar Tage lang war ich echt kaputt und stellte für mich fest, daß Dreierblöcke mit KmR kaum durchzuhalten sind. Auch hier hatte ich wieder drei Dreierblöcke im Plan, d.h. drei Tage intensives Training, ein Tag aktive Regeneration (z.B. zwei Stunden G1), dann wieder drei Tage intensiv, usw..

Inzwischen hatten wir auch eine gewisse Routine entwickelt: 8 Uhr Aufstehen, Frühstücken, 10 Uhr durchstarten. Auf meinen langen Touren kam ich ein paar Male richtig ins Dunkle, denn ab 1830 Uhr wurde es finster, einmal mußte ich mich sogar mit dem Auto abholen lassen, nachdem ich im Stockdunklen bei nasser Straße noch einen Pass bis an das Meer in der Nähe von Galdar abgefahren war, eine recht gefährliche Aktion. Gut, daß es Handys gibt, die wir übrigens für den Notfall beim Training immer dabei hatten, das hat sich echt bewährt!

 

4. Woche:
Weihnachten und Sylvester waren vorbei und wir waren beeindruckt. Auf der Nordseite der Insel gibt es ja keinen einzigen Touristen, die Einheimischen feiern deshalb ganz unter sich - und wie sie feiern!

Die ganze Region traf sich am Stadtplatz in Galdar, es gab Lifekonzerte unter freiem Himmel, alles tanzte und sang zu südamerikanisch angehauchter Musik, Samba, Mambo, Salsa, etc.. Alles sehr friedlich und ausgelassen und .... spät! Weit nach Mitternacht ging es erst los, bis in den frühen Vormittag hinein, aber das erlebten wir nicht mehr, um vier Uhr morgens waren wir im Bett. Und das Feuerwerk an Sylvester war vom feinsten, die Spanier sind allerdings mehr geräuschorientiert, d.h. es erinnerte einen oftmals an schwere Mörsereinschläge und an ein Artilleriegefecht. Auch an den ersten Tagen im Jahr wurde noch geballert.

Das neue Jahr fing mit einem Sturz an, das Sattelbefestigungssystem war gebrochen, ich setzte mich aus dem Wiegetritt heraus quasi neben den Schwerpunkt bei gleichzeitigem Griff an die Wasserflasche - so schnell konnte ich gar nicht schauen, wie ich am Boden lag. Leichte Materialschäden, einige Abschürfungen, eine Beule am Kopf und leichtes Kopfweh, vor allem aber eine Kreuzbeinprellung, die mich doch mehrere Tage behinderte, waren die Folge. Vor allen Dingen mußte ich dann noch über eine Stunde auf dem Querrohr sitzend bergab fahren!

Dann gab es noch das Erlebnis mit unserem "Pass-Hund". Ein ganz nettes, noch junges Tier, ziemlich intelligent, scheint dort zu wohnen, rennt den ganzen Tag einen gewissen Pass hinauf und hinunter, spielt mit den Touristen an den Aussichtsplätzen und bekommt etwas zu fressen, ohne zu betteln. Ich zog den Pass hinunter, schnell und in der Ideallinie, wegen den Autos weit vorausschauend. Im Sichtschatten der Leitplanken übersah ich den Hund, im Scheitelpunkt der Kurve kam es zum Showdown, sprich zur Beinahekollision mit beidseitigem Fast-Herzinfarkt. Vorwurfsvoll sah er mir hinterher, beim nächsten Zusammentreffen hatte ich das Gefühl, er wüsste ganz genau, wer ich sei!

 

5. Woche:
Das letzte Drittel meines Aufenthalts war wiederum in drei Dreierblöcke gegliedert, jetzt waren schon Distanzausschnitte im kraftausdauerorientierten Entwicklungsbereich dran. Ich muß sagen, speziell in der letzten Woche war ich nicht mehr ganz in der Lage gewesen, die Intensität aufrechtzuerhalten, fünf Wochen Ausdauerblock am Stück ist schon knüppeldick! Vom Umfang her war ich dem Plan inzwischen gut voraus, ich habe mit 185 Radstunden schließlich die Insel verlassen, umgerechnet etwa 5000km.

Das Wetter wurde nie mehr so schön wie am Anfang, immer stürmisch, etwa 16-20°, ab und zu vereinzelt leichte Schauer, einige sehr schöne Sonnentage vereinzelt dazwischen. Auch auf GC herrscht um diese Jahreszeit Winter, wenn man das als einen solchen bezeichnen mag.

Einmal blies nicht wie gewöhnlich der Nordost-Passat, sondern der Wind kam genau aus der entgegen gesetzten Richtung, vom offenen Atlantik her. Die Folge war ein Wolkenbruch mit schweren Überschwemmungen auf der ganzen Insel, bei uns lief das Wasser auf der Terrasse nicht mehr ab und drückte schließlich durch die Tür in das Appartement hinein, so kamen auch wir zu 10cm Hochwasser.

Zwei Speichenbrüche und ein Flanschriß, sowie meine Sattelaffäre, aber kein Reifenschaden, waren die materialtechnische Bilanz dieser fünf Wochen, damit konnte ich einigermaßen leben, der Sturz war aber mehr als unnötig. 

Auf jeden Fall hat sich der Inselaufenthalt für Martina und mich sehr gelohnt! So konnten wir auch den klimatischen Umschwung nach unserer Rückkehr ganz gut verkraften. Es folgen zwei Festigungswochen mit nur leichtem Training, ab Februar beginnt wieder der Ernst des Trainingsalltags!