Aktuelles: Bericht vom 1. Münchner City Bike Marathon am 20.4.2008

Der Rahmen und das Umfeld stimmten für ein großartiges Event. Bei strahlendem Sonnenschein starteten 1300 Biker im Münchner Olympiastadion zur ersten Auflage dieses Rennens.

Doch schon die Neutralisation warf ein bezeichnendes Licht auf die Organisation: statt der in der Ausschreibung avisierten 25km/h rasten die Biker mit z.T. 50 Sachen durch Schwabing, zwischen stehenden Autos, Fahrbahnteilern und Eisenpfosten hindurch, die Führungskräder im Feld herumschwärmend, statt vorne nebeneinander für Ordnung und Tempo sorgend.

Kurz vor dem Isarradweg dann der erste absolute "Höhepunkt": Das Feld spurtete in der Breite von 4 Fahrspuren auf einen 2m breiten Fußweg zu, nach dem der "scharfe" Start erfolgen sollte - der angesichts des schon vorherrschenden Tempos fast zahnlos wirkte.

Aus dem Stadion heraus konnte ich mich gut durchsetzen und vorne halten - auch wenn es recht kriminell war. Am Isarradweg lag das Tempo (auf Schotter!) fast nie unter 50km/h, was mir sehr zugute kam. Es bildete sich eine Spitzengruppe mit meiner Wenigkeit, der sich für diesen Tag auf diesem schnellen, flachen Kurs viel vorgenommen hatte.

Doch schon nach 10km wurden wir vom Führungsmotorrad fehlgeleitet, fuhren 3km extra und wurden dann wieder in das laufende Rennen mittenhinein eingegliedert. Diese extreme Verfälschung des Rennens konnten nur diejenigen Spitzenfahrer kompensieren, die sich schnellstmöglich durch das Riesenfeld wieder nach vorne durchwühlten, was mir nicht sofort ganz gelang.

So mußte ich nach der Passage des Großlappener Schuttbergs auf den windigen, flachen Schotterstraßen von Gruppe zu Gruppe springen. Ich hatte einen tollen Tag und phantastische Beine, verlor bei der Raserei in Zeitfahrermanier alle meine Begleiter vom Hinterrad und kam wieder bis auf wenige 100m an die Spitze im Rennen heran.

Doch bei der Einfahrt in den Olympiapark, in dem auf der Langstrecke noch 3 Runden à 7km zu fahren sein sollten, war dann das Chaos perfekt: aufgrund fehlender Ordner und Streckenmarkierungen fuhren alle Teilnehmer eine bunte Schnitzeljagd im Olympiapark dort, wo die Strecke vermutet wurde. Manche fuhren direkt zum Olympiastadion, nutzten die Situation, beendeten das Rennen nach ca. 70km der ausgeschriebenen 87km und wurden dafür mit Plazierungen und Preisen prämiert!

Ich wurde wie viele andere falsch abgeleitet, erahnte mir die 3 Runden und beendete nach 100 (!) gefahrenen km mein Rennen – die erhoffte Spitzenplazierung war längst Illusion. Zu allem Überfluss sprang mir auch noch auf einer Abfahrt ein die Absperrungen missachtender Zuschauer ins Rad. Den Delinquenten mußte ich leider bestrafen und räumte ihn ungebremst mit viel Körpermasse und mit meinem zersplitternden Helm aus dem Weg. Bei der Bodenprobe gab es Einbußen an der Tapete, eine schwere Handgelenksstauchung und später derbes Kopfweh.

"So etwas habe ich in 30 Jahren Karriere noch nicht erlebt, das Rennen darf unter diesen Umständen auf keinen Fall gewertet werden“, so gab ich nach dem Rennen gegenüber dem Veranstalter den Tenor der meisten Fahrer wieder, die z.T. Protestaktionen, üble Gesten und viel Protest im Olympiastadion ausübten.

Noch ärger erwischte es unser großes Nachwuchstalent beim MTB-Club München, Maxi Maier, im Juniorenrennen auf der 60km-Distanz. Auch hier wurde das große Spitzenfeld bis fast Ismaning fehlgeleitet, nur durch eigene Ortskenntnisse und Handykontakt einiger ortskundiger Führungspersönlichkeiten kam man wieder auf die Rennstrecke zurück.

Durch hohes Tempo splitterte das große Feld dann auf, doch auch hier gab es im Finale das große Chaos, wenn auch nicht ganz so schlimm, da die 3 Zusatzrunden nicht gefahren werden mußten. Irgendwie kam die vierköpfige Spitzengruppe mit Maxi ins Stadion, der überlegen den Spurt und das Rennen gewann und überglücklich bei der Siegerehrung seinen Preis entgegennahm.

Nachdem die Proteste auch in der Presse und im Internet kumulierten, sah sich der Veranstalter gezwungen, vier Tage später mittels einer Pressemeldung das gesamte Rennen in allen Klassen und Wertungen komplett wegen Irregularität zu annullieren, sehr zum Nachteil des siegreichen Maxi Maier, der jedoch selbst seinen Sieg durch die Umstände mehr als entwertet ansah. Immerhin sollen für die heurigen Teilnehmer die Startgebühren in 2009 um ein Drittel gesenkt werden.

Der Veranstalter machte nächtlichen vorsätzlichen und organisierten Vandalismus gegenüber der Streckenmarkierung, sowie einen Diebstahl von Zeitmeßanlagen und Computern für die Misere verantwortlich. Ich kenne die Veranstalter persönlich und mag die beiden, trotzdem müssen ein paar deutliche Worte sein:

Klar scheint zu sein, daß der Hauptgrund für die skandalösen Umstände zu wenige und schlecht informierte Streckenposten sowie unerfahrene und mit zu wenig Streckenkenntnissen ausgestattete Kradfahrer gewesen ist. Darüber hinaus fehlte offensichtlich im Olympiastadion eine zweite Induktionsschleife für die transpondergestützte Zwischenzeitmessung, so daß Unregelmäßigkeiten in den gefahrenen Kilometern der Fahrer nicht aufgedeckt wurden.

So war ein Ergebnis nicht zu erstellen und die zahlreichen Spitzenfahrer mit Recht sehr aufgebracht, denn diese wie alle teilnehmenden sportlichen Radfahrer mit Wettkampfgedanken wollen sich in einem fairen Wettkampf messen und für ihre hohen Anstrengungen angemessen prämiert werden.

40.- Euro Nenngeld sind nicht durch Einbezug des Olympiastadions und das Fahren vor attraktiver großstädtischer Szenerie bei gleichzeitig schlechter Organisation zu rechtfertigen.

Hardi

(Fotos)
(Zeitungsbericht)