Aktuelles: Bericht MTB-Marathon Frauenwald (14.8.2005)

Zwei zweite Plätze beim MTB-Marathon in Frauenwald (Erfahrungsbericht eines Straßenfahrers auf Abwegen)

Echte Selbstläuterung durch Schlammaskese unter widrigsten Bedingungen hielt das Sportlerehepaar Martina und Thomas Hartmann nicht davon ab, in Frauenwald/Thüringer Wald in ihren Klassen jeweils vorne zu landen………..auch wenn beide danach halbtot waren…………

Die Höhenrücken des Thüringer Waldes rund um den Rennsteig gehören zu den landschaftlich schönsten Gegenden Deutschlands. Nicht so bei schwerem Dauerregen, erfrischenden 10°C und einer steifen, eiskalten Brise. Nach chronischem Widerwillen gegen die andauernde Kriteriumstingelei auf der Straße bzw. nach Ablauf von drei Jahren seit ihrem Karrierestopp durch einen Horrorcrash beim Giro d´Italia wollten Thomas und Martina mal etwas GANZ anderes machen…………

Ladies first: Damen waren bei der vorsätzlichen Selbstverstümmelung kaum, dafür in sportlich hoher Qualität vorhanden. Nach drei Stürzen, schlammbedingtem Ausfall der Schaltung und entsprechenden Standzeiten entschied sich Martina vernünftigerweise doch lieber für die Kurzstrecke und so war ihr Martyrium nach 43km zu Ende. Der 2.Platz war OK, gewonnen hätte sie ohne ihr Pech wahrscheinlich doch nicht und auch so war sie vollkommen hinüber.

Zur allgemeinen Erbauung hier etwas ausführlicher der komplette Nonsense der Langstrecke über 105km:

Charakteristisch für MTB-Marathons ist anscheinend wider dem Grundsatz einer vernünftigen Krafteinteilung das limitöse Losbrettern vom km 0 weg. Die Kurzstreckler (43km) gehen voll, die Mittelstreckler (86km) bleiben möglichst dran und die Langstreckler (105km) orientieren sich an den Mittelstrecklern. Fünf Jahre nach meinem letzten Marathon und nach Aufstellung neuer Laktatweltrekorde für 45-Jährige befand ich mich nach hektischer Einführungsrunde, fliegendem Start der mehreren hundert Renner und traumhafter Drängelei auf den ersten Kilometern in einer 10-Mann-Verfolgergruppe, die drei Kurzstrecklern nachbolzte. Hier konnte ich mich fast die gesamte erste Runde halten. Der Kurs war noch nicht ganz so uferlos schlammig, das Tempo gleichmäßig, aber eigentlich zu schnell. Die Brille war für das Gesäß, Wasser und Dreck flog einem von überall – leider auch vom eigenen Vorderrad – in die ungeschützten Augen. Das sollte sich noch bitter rächen.

Wie zu erwarten, gehörte ich in den seltenen Flachstücken, auf Forstwegen und auf dem spärlichen Asphalt zu den Stärksten, als 85-Kilo-Mann im tiefen Geläuf bergauf und v.a. bergab war ich einfach strukturell benachteiligt. Die Harakiri-Abfahrten im Schlamm nach der Devise „laß es laufen, Dein Rad kennt den Weg“ konnten auf Dauer einfach nicht gut gehen, denn ich lasse es äußerst ungern führungslos im Schlamm schwimmend gegen einen Baum, Stacheldrahtzaun oder in einen Abgrund laufen. Dazu kam, daß ich mit Fortdauer des Rennens nur noch Nebel bzw. nichts mehr gesehen habe.

In einer steilen Wiesenabfahrt produzierte ich nach 35km einen tiefen Sturzkrater, verlor den Kontakt zur Spitze und nichts war mehr wie vorher. Eine derbe Oberschenkelprellung behinderte mich bis zum Ende, die Schaltung und die drei obersten Ritzel waren verbogen, Schalten wurde zur Glückssache und der Rhythmus war wie weggeblasen. Ab der zweiten Runde hatten ja dann Tausende vor einem die Strecke durchgepflügt und man versank nun ganz im Schlamm. Die neuen Bremsgummis waren irgendwann ganz aufgeraucht und so wurde man in den seifenglatten Abfahrten doch wieder schneller – ungewollt. Dafür war man in den kurzen, steilen Anstiegen umso langsamer – ebenfalls ungewollt, nämlich im Quällaufschritt.

Von vorne kamen noch ein paar Halbtote zurück, von hinten überholte mich noch einer und so torkelte ich 4 Riegel, 7 Gels, 1 Banane, 3 Wasserflaschen und 1 Cola später ohne Hungerast, aber restlos ramponiert und derangiert mit einer heftigen Augenentzündung als 12. gesamt und als Zweiter des Alteisens nach 5.15 h und 20,5 km/h Schnitt trotz maximalen Efforts ins Ziel. Auch bei trockenen Verhältnissen und meiner geliebten Hitze hätte ich den besten Master (Platz 3 gesamt!) wohl nicht gepackt, einen Platz unter den Top Fünf der Gesamtwertung halte ich aber durchaus für realistisch.

Fazit: 800 Autokilometer, eine Übernachtung, 26.- Startgeld bei einer Gewinnprämie von 40.- und etlicher Materialschrott waren es eigentlich nicht wert, aber da man als Radsportler ja sowieso einen an der Waffel hat, werde ich Events dieser Art zukünftig immer wieder einstreuen – defäkier drauf! Straßenfahrerbedingte fahrtechnische Mankos sollten bei trockenen Verhältnissen nicht so ins Gewicht fallen, meine Rouleurfähigkeiten kratzen die Konkurrenz in diesem Metier eher wenig, ein Erlebnis ist es trotzdem und deshalb stehe ich nächsten Samstag bei der Bayerischen Meisterschaft im MTB-Marathon wieder am Start!

(Fotos)